Gewohnheitsrecht

Gewohnheitsrecht

Immobilien Gewohnheitsrecht - einfach erklärt

Das unsichtbare Recht: Gewohnheitsrecht im Immobilienbereich

Manche Regeln sind wie die Luft, die wir atmen – unsichtbar, aber allgegenwärtig. Stell dir vor, es gibt Gesetze, die in keinem Gesetzbuch stehen, aber dennoch unser Leben bestimmen. Klingt mysteriös? Willkommen in der Welt des Gewohnheitsrechts.


Was ist Gewohnheitsrecht?

Gewohnheitsrecht ist wie ein altes, unsichtbares Netz, das unsere Gesellschaft durchzieht. Es entsteht nicht durch geschriebene Gesetze, sondern durch das, was Menschen immer wieder tun – und worüber niemand streitet. Es wird praktiziert, akzeptiert und irgendwann einfach als „normal“ angesehen. Doch wie alles im Leben, wandeln sich auch diese stillen Regeln mit der Zeit.


Doch Vorsicht! Nicht alles, was oft getan wird, ist auch Gewohnheitsrecht. Wenn eine Praxis nicht allgemein anerkannt ist, bleibt sie einfach nur... naja, eine Gewohnheit. Heute spielt Gewohnheitsrecht meist eine untergeordnete Rolle, da die meisten Situationen in Deutschland durch Gesetze geregelt sind.


Gewohnheitsrecht vs. Richterrecht – ein feiner Unterschied

Manchmal treffen Richter Entscheidungen, die über das geschriebene Gesetz hinausgehen. Ein Beispiel? Laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) muss der Vermieter dafür sorgen, dass die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand bleibt. Doch seit Jahrzehnten urteilen Richter, dass Mieter Schönheitsreparaturen übernehmen müssen – obwohl das nirgendwo im Gesetz steht. Dies ist jedoch kein Gewohnheitsrecht, sondern Richterrecht. Hier entscheiden die Gerichte, wo das geschriebene Gesetz keine klare Antwort gibt.


Gewohnheitsrecht und Immobilien – gibt es das noch?

Gewohnheitsrecht stammt aus einer Zeit, in der es nur wenige geschriebene Gesetze gab. Seit der Einführung des BGB im Jahr 1900 kannst du dich nur noch dann auf Gewohnheitsrecht berufen, wenn es keine anderen Rechtsquellen gibt. Sobald ein neues, gegenteiliges Gesetz in Kraft tritt, verschwindet das alte Gewohnheitsrecht wie ein Schatten in der Nacht.


Ein Beispiel: Früher konnten sich Grundstückseigentümer auf ein Gewohnheitsrecht für Wegerechte berufen. Doch der Bundesgerichtshof entschied 2020, dass dies heute nicht mehr gilt. Wegerechte müssen nun durch Grunddienstbarkeiten, Verträge oder das gesetzlich geregelte Notwegerecht abgesichert sein.


Schwarzbauten und Gewohnheitsrecht – ein gefährlicher Tanz auf dünnem Eis

Wer träumt nicht von einem kleinen Häuschen, gebaut ohne lästigen Papierkram? Doch Achtung: Schwarzbauten haben selten Bestandsschutz durch Gewohnheitsrecht. Jeder Bau braucht eine Genehmigung und muss baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie in der ehemaligen DDR, wo nach fünf Jahren Bestandsschutz für manche Schwarzbauten galt. Doch heute sind die Hürden für solch eine Duldung sehr hoch.

Und die Gerichte sind streng: Wenn eine Baubehörde lange von einem Schwarzbau weiß, aber nicht einschreitet, könnte der Bauherr hoffen, dass der Bau geduldet wird. Doch das ist ein riskantes Spiel, wie ein Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigte. Das Gericht entschied, dass bloßes Zuwarten der Behörde nicht ausreicht, um einen Schwarzbau zu legalisieren.


Überbau und Nachbarschaft – wenn dein Haus plötzlich auf dem Grundstück des Nachbarn steht

Ein Klassiker im Streit unter Nachbarn: Das Haus ragt über die Grundstücksgrenze hinaus. Doch nicht immer muss der Nachbar den Abriss verlangen. Solange der Bauherr nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte und der Nachbar nicht rechtzeitig widersprach, muss der Überbau geduldet werden. Allerdings hat der Nachbar Anspruch auf eine Entschädigung.


Gewohnheitsrechte im Garten – wenn der Baum zu groß und der Schatten zu dunkel wird

Die Regeln für Grenzabstände von Bäumen variieren von Bundesland zu Bundesland. Wenn ein Baum zu nah an der Grundstücksgrenze steht, kann der Nachbar verlangen, dass er gefällt wird – aber nur innerhalb einer bestimmten Frist. Ist diese Frist verstrichen, kann der Nachbar nur noch einen Rückschnitt verlangen.

Ein besonderes Gewohnheitsrecht kann auch entstehen, wenn der Vermieter lange Zeit duldet, dass Kinder im Garten spielen. Verbietet er dies später, könnte es für ihn schwer werden, dieses Verbot durchzusetzen – sogar dann, wenn es um Freunde der Kinder geht.


Gewohnheitsrecht – ein unsicheres Pflaster

Gewohnheitsrechte sind kein festes Fundament, auf das man sich im Ernstfall verlassen sollte. Es bleibt oft dem Gericht überlassen, zu entscheiden, ob ein Gewohnheitsrecht besteht oder nicht. Daher ist es immer besser, wichtige Rechte, wie etwa ein Wegerecht, als dingliches Recht im Grundbuch eintragen zu lassen. Nur so kann man sicher sein, dass ein Recht auch wirklich Bestand hat.

Fazit Gewohnheitsrecht

Gewohnheitsrecht spielt in der modernen Rechtspraxis eine untergeordnete Rolle, kann aber dennoch in bestimmten Fällen von Bedeutung sein. Insbesondere im Bereich Immobilien sollte man jedoch nicht ausschließlich darauf vertrauen. Setzen Sie auf klare vertragliche Regelungen und dingliche Rechte, um Interessen rechtlich abzusichern und langfristig auf der sicheren Seite zu sein.

Peter Weisenbach

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